25. Mai 2018

„In der Ruhe liegt die Kraft“ – oder „Mist, heute gar nichts geschafft“

„Das schaffe ich noch schnell vorm Mittagessen. Notfalls esse ich fix ein Brötchen vorm Rechner und mache währenddessen leichte Arbeiten.“  Wer kennt das nicht – Das Gefühl schon direkt nach dem Aufstehen, dass der Tag wieder nicht für all die Dinge ausreicht, die erledigt werden müssen?

Neben der Arbeit kommen noch Haushalt, Garten, Familienbesuche, Sporttermine und eventuell Termine von Kindern und vieles mehr hinzu. Wir geraten schnell so unter Termindruck, dass selbst die Verabredung am Abend mit der Freundin zum Cocktail zum Stress wird. „Ich habe dann ja wieder einen Termin.“

Bei einigen privaten Terminen kommt dann zusätzlich der gewohnte Leistungsdruck dazu. es reicht nicht einfach Fußball zu spielen, sondern man möchte auch dort gut sein, vom Trainer gelobt und immer mit aufgestellt werden. Der Garten soll der schönste sein, der Haushalt perfekt und das Auto muss auch gepflegt und ordentlich sein. Wie kommt das? Warum ist es in uns so drin leisten und gefallen zu müssen? Der Fluch der Leistungsgesellschaft. 

Sie spornt nicht nur an, sondern erwartet auch viel und wir richten uns viel zu oft nicht nur nach unseren Wünschen und Erwartungen an uns selbst, sondern auch nach denen „der Anderen“, die oft ganz andere sind als wir denken. 

Ich wurde einmal gefragt wie viele Stunden ich im Betrieb arbeite. Ich antwortete: „Teilzeit, also 20-25 Stunden.“ Sofort folgte die suggestive Frage: „Ach, weil Sie Kinder haben.“ Und ich hörte mich nur sagen „Nein, weil ich nebenberuflich selbstständig bin.“ Warum hatte ich das Gefühl mich sofort rechtfertigen zu müssen? Was wäre passiert wenn ich gesagt hätte: „Nein Kinder haben wir keine. Ich arbeite nur Teilzeit, weil ich nicht mehr arbeiten muss und möchte.“….

So sehr stecken wir im Hamsterrad der vermeintlichen Leistungserwartungen der Gesellschaft an uns. Aber was wir oft vergessen: Um leistungsfähig zu sein, ist es wichtig auch einmal den Akku wieder aufzufüllen. Durch Ruhe und Ausgleich, Zeit für sich, Zeit zum Erholen und Runterkommen. Wer kreativ arbeitet kennt das: Auf der aktiven Suche nach Ideen will einfach nichts kommen, obwohl doch aber die Deadline näher rückt. Verkrampft sitzt man dann am Schreibtisch, weil man doch abliefern muss. Was hilft: Akzeptieren, dass gerade nichts kommt und eine Pause einlegen. Zum Beispiel kann man spazieren gehen, joggen, meditieren oder Yoga machen. Auch Haushalt kann da helfen einfach seinen Gedanken druckfrei seinen Lauf zu lassen. Und zack – die Ideen kommen. Mir kommen sie meist beim Autofahren und es ist super, dass man inzwischen freihändig mit seinem Handy kommunizieren kann, um die Geistesblitze festzuhalten 🙂 Auch auf meinen Zugfahrten entstehen immer wieder Konzeptideen.

Wieso ist in den letzten Jahren Yoga so beliebt geworden, warum funktionieren Wellness-Hotels so gut? Weil wir dort bewusst lernen uns zu entspannen, auszuspannen, ohne Druck. Inzwischen „gönnen“ wir uns den Luxus der Ruhe dann ab und zu, aber nicht zu oft.

In unserem Urlaub in Schweden waren wir viel in der Natur, haben einfach einmal am Meer oder auf dem Berg gesessen und einfach nur wahrgenommen: Vögelgezwitscher, Winde, Rauschen der Wellen… Nach einer Weile wird es immer differenzierter und regelrecht laut. Ich habe als Kontrollfan meine Fitnessuhr getragen und abends einen unglaublich tiefen (positiv gemeint) Ruhepuls festgestellt. Die Natur holt uns runter und es braucht nur ein paar Minuten, um wieder mit Energie ans Werk gehen zu können. Diese Minuten sind unglaublich wertvoll und können auch von der Leistungsgesellschaft nur gewünscht sein da wir sonst gar nicht dauerhaft leistungsfähig sind.

Könnt ihr noch ruhig einfach da sitzen und lauschen? Haltet ihr das aus? Ich habe Azubis einmal die Aufgabe gegeben sich 5 Minuten Zeit zu nehmen, um ein Apfelstück zu essen und intensiv wahrzunehmen. Die größte Challenge war für einige einfach nur dort ruhig zu sitzen, Stille auszuhalten, nicht aufs Handy zu schauen, sondern einfach nur ein Stück Apfel zu genießen. Probiert es selbst einmal aus. Gar nicht so leicht 🙂

Warum dieser Text: weil meine tiefe Überzeugung ist, dass wir die Ruhe brauchen, um Kraft zu schöpfen und nur mit „in der Ruhe liegt die Kraft“ „Yeah, heute wieder viel geschafft“ möglich ist.